Die Brückengemeinschaft

Die sechs europäischen Großbogenbrücken stellen den Verlauf der technischen Entwicklung dieses Brückentyps in europäischen Ländern im 19. Jahrhundert lückenlos dar. Neue Materialien und neues Wissen ermöglichte bis dahin unerreichte Spannweiten, die die Schwerkraft zu überwinden schienen.

Erstmals gelang es, tief eingeschnittene Täler zu überbrücken und damit wichtige Transportwege zu erschließen. Wissenschaftlich-theoretische Kenntnisse zur Statik verbanden sich mit neuen praktischen Umsetzungen von Eisen-und Stahlkonstruktionen und Montagetechnologien. Die Brücken wurden fast ausschließlich im freien Vorbau, also ohne Gerüst, errichtet -  eine bis heute übliche Methode.  

Sie sind bemerkenswerte Zeugnisse der Industrialisierung in Deutschland und Europa im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Eindrucksvoll demonstrieren sie die wissenschaftliche und technische Leistungsfähigkeit der jeweiligen Nation, zugleich zeugen sie aber auch von europäischem Austausch. 

Ein Blick in die Geschichte zeigt: Errichtet wurden die sechs Brücken in einer Zeit, als es in Europa brodelte. Doch auch wenn die „große" Politik die Nationen deutlich voneinander trennte, war der Wettstreit zwischen den Brückenbauern sehr konstruktiv. Die Ingenieure und Baufirmen wetteiferten darum, sich mit immer größeren und gewagteren Konstruktionen gegenseitig zu übertreffen. Um immer besser zu werden, lernte man voneinander und tauschte Wissen aus, führte man Konstruktionsprinzipien der Anderen weiter, fand man neue Möglichkeiten zur Umsetzung. In diesem Austausch entwickelte sich die Kunst des Großbrückenbaus zur Perfektion.

Bis heute werden die Brücken genutzt, dennoch haben sie sich nicht verändert. Unverändert blieb auch die Struktur der Umgebung, in die sei eingebettet sind. Alle sechs Brücken stehen in ihren jeweiligen Ländern unter Denkmalschutz.

Müngstener Brücke

  • Solingen - Remscheid - Wuppertal / Deutschland
  • Anton von Rieppel/Bernhard Rudolf Bilfinger – 1893-1897

Die Müngstener Brücke überspannt die Wupper zwischen den Städten Remscheid und Solingen mit einer Höhe von 107 m, 170 m Spannweite und einer Länge von 465 m. Die zweigleisige Brücke ist die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands und markiert einen Meilenstein modernsten Ingenieurswissens der Periode der Zweiten Industriellen Revolution im ausgehenden 19. Jahrhundert in Deutschland.
 

Viaduc de Garabit

  • Ruynes-en-Margeride / Frankreich
  • Gustave Eiffel / Maurice Koechlin – 1880-1884

Der Viaduc de Garabit überspannt den Fluss Truyère bei Ruynes-en-Margeride in Frankreich mit einer Höhe von 122 m, einer Spannweite von 165 m und einer Länge von 565 m. Das schmiedeeiserne Viadukt ist eines der wichtigsten Werke Gustave Eiffels. Sie war außerdem zum Zeitpunkt ihrer Errichtung die höchste Brücke der Welt.

Viaduc du Viaur

  • Tauriac-de-Naucelle – Tanus / Frankreich
  • Paul-Joseph Bodin – 1895-1902

Der Viaduc du Viaur überspannt als eingleisige stählerne Eisenbahnbrücke das Tal des Viaur und ist bis heute die größte Stahlbrücke Frankreichs. Der Viaur-Viadukt befindet sich auf dem Gebiet der Gemeinden Tauriac- de-Naucelle sowie Tanus und verbindet die Departements Aveyron und Tarn. Bodin konzipierte sie als kombinierte Bogen- und Auslegerbrücke mit einer Spannweite von 220 m, deren zwei Kragträger sich in der Mitte über ein Drehgelenk gegenseitig abstützen.

Ponte Maria Pia

  • Porto – Vila Nova de Gaia / Portugal
  • Gustave Eiffel / Theophile Seyrig – 1875-1877

Die Ponte Maria Pia überquert den Fluss Douro zwischen Porto und Vila Nova de Gaia. Sie ist 61 m hoch, hat eine Spannweite von 160 m und eine Länge von 563 m. Die Ponte Maria Pia nimmt eine wichtige Rolle in der Geschichte der Konstruktion von Eisenbahnbrücken ein, denn bei der Bogenkonstruktion kamen die neuesten Konstruktionstechniken zum Einsatz.

Ponte Dom LuÍs I.

  • Porto – Vila Nova de Gaia / Portugal
  • Theophile Seyrig – 1886

Die Ponte Dom LuÍs I. überquert den Fluss Douro und verbindet die beiden Städte Porto und Vila Nova de Gaia. Die eiserne Bogenbrücke für leichte Schienen- und Straßenfahrzeuge übertraf mit 172 m die Spannweite der stromaufwärts liegenden Maria Pia Brücke. Die abgehängte Straßenfahrbahn auf Höhe der Widerlager ist eine Besonderheit dieser Brücke.

Ponte San Michele

  • Paderno d´Adda - Calusco d´Adda / Italy
  • Jules Röthlisberger – 1887-1889

Ponte San Michele überquert den Fluss Adda bei Mailand zwischen den Orten Paderno d'Adda und Calusco d'Adda. Die Brücke zeigt als Besonderheit eine Eisenbahnlinie im Träger und eine obenliegende Straße in 85 m Höhe, ihre Spannweite ist 150 m. Die Brücke ist ein wichtiges Beispiel für den Wissenstransfer in Europa durch den Schweizer Ingenieur Röthlisberger und die Industrialisierung Italiens im ausgehenden 19. Jahrhundert.

Brücken als Designfamilie

Sechs bunte Bögen, unterschiedlich hoch und verschieden geformt, vereinen sich zu einem Ganzen, zu einer Familie. Das verdeutlicht das Logo der Brückengemeinschaft: Europäische Bogenbrücken des späten 19. Jahrhunderts. Jeder Brücke ist dabei eine Farbe zugeordnet. Gemeinsam sind sie eine Familie. Damit steht das Logo auch für die zukünftige Welterbe-Stiftung. Sie wird als Dachorganisation gegründet, sobald in allen Ländern die notwendigen Strukturen aufgebaut sind. 

Der hohe, graue Bogen steht dabei für die Müngstener Brücke. Daraus leitet sich das Logo des Fördervereins „Welterbe Müngstener Brücke“ ab. Analog wurden bereits die Logos für die Vereine in den beteiligten Ländern entwickelt und können dort zukünftig verwendet werden.